30.09.2024 -- 72.737 // Zuwachs zum 31.08.24 : 4.637
Russlands Präsident schickt die Jugend seines Landes in einen verbrecherischen Krieg. Wie viele russische Soldaten inzwischen in der Ukraine ihr Leben gelassen haben, können wir nicht komplett aufklären. Wir sammeln hier seit Beginn des Krieges im Februar 2022 die Todesmeldungen aus den Medien der Regionen und sozialen Netzwerken Russlands und verschaffen so zumindest einen ungefähren Überblick.
Im ersten Kriegsjahr haben wir noch die Meldungen im übersetzten Originaltext veröffentlicht, auf Grund der schieren Menge der Kriegstoten mussten wir später zur Tabellenform übergehen, jetzt führen wir nur noch reduzierte Listen. Eine Liste der Regionen und den dazu veröffentlichten Tabellen, finden Sie hier.
Alle 14 Tage veröffentlichen wir eine Zusammenfassung unserer Datenbank - die Liste mit allen Auswertungen finden Sie hier - Aktuell 30.09.2024 | Karte der Regionen Russlands | Föderationssubjekte
Wir haben am 26.08.24 eine Sperrverfügung der russischen Regulierungsbehörde für das Internet "Roskomnadsor" erhalten. Gleichzeitig wurde auch unser Servicedienstleister aufgefordert, unsere Webseite abzuschalten. Das wird nicht passieren.
Begründet wird die Sperrung mit der Verletzung der Privatsphäre russischer Bürger. Wörtlich heißt es in der Begründung:
Die Tätigkeit der Internet-Ressource wurde als rechtswidrig und als Verstoß gegen die Rechte der Bürger auf Privatsphäre, Persönlichkeits- und Familiengeheimnis anerkannt.
Unsere Seite dürfte ab diesem Zeitpunkt aus Russland nicht mehr aufrufbar sein.
Die Verfügung als pdf-Dokument, unsere Stellungnahme dazu.
Wir hatten in mehreren Beiträgen über die Bezahlung der russischen Freiwilligen informiert, sie unterscheiden sich nach Regionen (St. Petersburg, Tatarstan, Angebot & Nachfrage). Jede Region ist angehalten, jeden Monat ein bestimmtes Kontingent an Freiwilligen zu rekrutieren. Die Bezahlung ist durchweg gleich hoch, entscheidend ist die gezahlte Antrittsprämie. Die ist dort niedrig, wo leicht neue Todesmutige zu finden sind - zum Beispiel in Baschkirien. Die Prämie ist dort hoch, wo die Region Mühe hat, ihr Kontingent zu erfüllen. In den letzten Wochen überboten sich die Regionen mit immer höheren Zahlungen, jetzt hat Moskau noch einen Betrag oben drauf gesetzt.
Die Stadt Moskau bietet ab sofort allen geeigneten Männer, die sich zu einem Vertrag entschließen eine Antrittsprämie von 1,9 Millionen Rubel - umgerechnet etwa 19.000 €. Wer es schafft, das erste Jahr an der Front zu überleben kann sich auf Einnahmen von insgesamt 5,2 Millionen Rubel (52.000 €) freuen. Besser bezahlte legale Jobs wird man in ganz Russland kaum finden. Die Auslobung solch einer hohen Prämie zeigt, dass es der Stadt Moskau schwer fällt, ihr Kontingent an Freiwilligen zu erfüllen. Der Stadt ist es auch völlig egal, aus welcher Region Russlands der Freiwillige kommt - Hauptsache er unterschreibt in Moskau.
Der Texts des abgebildeten Dekrets lautet grob übersetzt:
Schon mehrfach hatten wir über den Umgang mit Waisenkinder in Russland berichtet. Bereits in den Einrichtungen werden die Heranwachsenden dazu erzogen, möglichst direkt nach der Entlassung zum Militär zu gehen und auch in den Krieg zu ziehen. Dort würden die Jugendlichen dann schon zu ordentlichen Bürgern zurechtgebogen. So kommt es, dass in den Meldungen zu den Kriegstoten sehr viele junge Männer zu finden sind, die in einem Waisenhaus aufgewachsen sind. Wenn wir solch einen Fall registrieren, geben wir den Begriff Waise immer in unseren Listen an.
Da in den russischen Todesmeldungen Dichtung und Wahrheit eng beieinander liegen, kommt es oft auf Feinheiten zwischen den Zeilen an. So auch im Fall von Viktor Andrejewitsch Seteikin, geboren am 22.02.2001, aus der ostsibirischen Stadt Ust-Ilimsk. Auch er ist im Krieg gegen die Ukraine getötet worden, wann er zum Militär ging und wann er gestorben ist, wurde öffentlich nirgendwo angegeben. "Vitja war ein Schüler des Waisenhauses und nach seinem Abschluss konnte er sich nicht selbst finden und ging zur militärischen Spezialoperation", heißt es in dem Nachruf der "Kampfbruderschaft" aus Ust-Ilimsk. Das kann bedeuten, dass Viktor straffällig wurde und seine Freiheit durch einen Militärvertrag (Sturm-V) erlangen wollte.
Nachstehend die übersetzte Originalnachricht:
Sowjetskaja-Straße, Mitschurinsk -- Foto: Bok -- Lizenz: CC BY-SA 4.0
Etwa 400km südlich von Moskau liegt die Stadt Mitschurinsk in der Oblast Tambow. Durch die fruchtbaren Schwarzerdeböden ist die Region landwirtschaftlich geprägt, folglich gibt es auch eine staatliche Agraruniversität in der Stadt. Im zweiten Weltkrieg wurde die Stadt von Kampfhandlungen verschont, deshalb besitzt Mitschurinsk noch eine gute erhaltene Altstadt mit historischen Gebäuden. Doch auch diese Stadt hat eine unsichere Zukunft. Im Jahr 2000 lebten noch 120.000 Menschen dort, 2010 zählte man etwa 100.000 Bewohner und bei der letzten Zählung im Jahr 2021 sind noch 90.000 Einwohner erfasst worden.
Irgend jemand aus Mitschurinsk hat Anfang Juli einen Film veröffentlicht, der die getöteten Soldaten der Stadt im Krieg gegen die Ukraine auflistet. Insgesamt enthält der Film 44 Namen mit Geburts- und Sterbedatum. Wir konnten 20 neue Namen nachtragen. Da solche Filme oft schnell in den sozialen Medien gelöscht werden, dokumentieren wir ihn nachstehend. Ihn anzuschauen ist eigentlich Zeitverschwendung - nur am Ende werden einige Szenen aus der Erinnerungsallee der Stadt gezeigt.
Die Tagesschau berichtete am 17. Mai.2024: Auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim sind nach Angaben eines Satellitenunternehmens aus den USA diese Woche drei russische Kampfflugzeuge und eine Treibstoffanlage bei einem ukrainischen Angriff zerstört worden. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Es handle sich um zwei MiG-31-Kampfjets und einen Su-27-Kampfjet auf dem von Moskau kontrollierten Luftwaffenstützpunkt Belbek nahe Sewastopol, teilt der Konzern Maxar unter Berufung auf Satellitenbilder mit. Eine Stellungnahme der Ukraine liegt dazu bislang nicht vor.
Der Angriff fand am 15. Mai statt. Nach ukrainischen Angaben wären 10 Raketen auf das Militärgelände abgefeuert worden. Zerstört worden wären Treibstoff- und Schmiermittellager, zwei S-400-Luftverteidigungssysteme, Radar „92Н6E“, MiG-31 beschädigt und 3 Su-27 beschädigt. Sieben Soldaten wären getötet worden, 12 weitere verletzt.
Oberleutnant Dmitri Michailowitsch Pugatschow (Foto) war einer der getöteten Offiziere. Ein Film aus Russland von Ende Juni zeigt die getöteten Opfer des Angriffs.
Das Lewada-Zentrum ist ein russisches Meinungsforschungsinstitut mit Sitz in Moskau. Es gilt als die letzte unabhängige Forschungseinrichtung in Russland auf diesem Gebiet. Inzwischen muss es aber alle seine Publikationen mit dem Kainsmal einer "Aktivität eines ausländischen Agenten" kennzeichnen.
Lewada hat Anfang Juli eine neue Studie veröffentlicht. Die Ergebnisse decken sich in etwa mit unseren Erfahrungen aus den vielen Todesmeldungen in den sozialen Netzwerken. Die Unterstützung des Krieges bleibt hoch, die Russen sind stolz auf ihr Land, schuld am Krieg sind die Nato und der Westen. Der Anteil der Russen, die Friedensverhandlungen zur Beendigung des Krieges befürworten, hat mit 58 Prozent einen historischen Höchststand erreicht.
Die vollständige Studie findet man hier.
Anmerkung: Wir haben die Tabellen durch die Google-Übersetzungsfunktion auf deutsch getrimmt, kleinere Fehler in den Beschriftungen haben wir von Hand korrigiert. Wir hoffen, wir haben nichts übersehen. Alle Texte in kursiver Schrift sind übersetzte Orginalzitate aus der Studie.
Weiterlesen: Russland: Die Unterstützung des Krieges bleibt hoch
Blick auf Stadt Arsenjew -- Foto: CC BY-SA 3.0 -- Lizenz:
Die Stadt Arsenjew liegt in der Region Primorje im fernen Osten Russlands und hat knapp 50.000 Einwohner mit abnehmender Tendenz. Von der Hauptstadt Wladiwostok ist sie etwa 300 km entfernt. Wichtigster Arbeitgeber der Stadt ist die Hubschrauberfabrik "Progress", die hauptsächlich für das russische Militär arbeitet.
Trotz der großen Entfernung (9.000 km Fahrstecke, Luftlinie über 7.000 km) wurden nicht wenige Bürger von Arsenjew im Krieg gegen die Ukraine getötet. Insgesamt haben wir 40 44 gefallene Soldaten aus der Stadt gelistet.
Aktualisiert am 20.07.24: Vier Namen nachgetragen -- Aleksey Leonidowitsch Ewgrafow, Pawel Aleksejewitsch Schukow, Maxim Jewgenjewitsch Laletin und Dmitri Anatoljewitsch Lapin.
Weiterlesen: Arsenjew - eine Stadt im fernen Osten Russlands / aktualisiert
Im Vorland des Kaukasus liegt die Stadt Budjonnowsk mit etwa 60.000 Einwohnern. Die Stadt lebt von der chemischen Industrie, in der Region gibt es Erdöl- und Erdgasvorkommen. Zudem sind einige militärische Verbände in der Stadt stationiert.
Im Jahr 1995 stand Budjonnowsk plötzlich im Zentrum der Weltöffentlichkeit. Tschetschenische Kämpfer unter der Führung von Schamil Bassajew nahmen am 14. Juni 1995 im Krankenhaus der Stadt zwischen 1100 und 1600 Geiseln. Die Geiselnehmer forderten ein Ende des Krieges in Tschetschenien und die Aufnahme von Verhandlungen. Sechs Tage später stürmten russische Sicherheitskräfte das Krankenhaus. 120 Geiseln wurden getötet und rund 400 verletzt.
Auch heute sterben Bürger von Budjonnowsk wieder im Krieg. Der kurze Film zeigt die Verleihung von Tapferkeitsorden an die Angehörigen von zwei im Krieg gegen die Ukraine getöteten Soldaten aus der Stadt. Um den Saal des Kulturpalastes zu füllen, wurden junge Kadetten und ältere Schüler abkommandiert.
Wir befinden uns im Dorf Starobaischewo in Baschkortostan mit etwa 600 Einwohnern (2010). Das Bezirkszentrum ist die Stadt Durtjuli, etwa 18 km entfernt. Den nächsten Bahnhof gibt es in der Hauptstadt Ufa - über 120 km entfernt.
Begraben wurde Anfang Juli der Soldat Ilgiz Rachimjanow, von dem wir nur wenig wissen. Er kommt aus dem Dorf und hatte sich am 2. März 2024 entschlossen, einen Vertrag mit dem russischen Militär abzuschließen. Er hätte als "Granatwerfer und Gehilfe des Schützen" gedient. Da Ilgiz zunächst zur Front reisen musste, danach eine Woche Einweisung erfolgt, wurde der Mann vom Dorf gleich bei seinem ersten Einsatz als Kanonenfutter verwendet. Ilgiz wurde am 22. März 2024 getötet.
Dorf Uporowo in Tjumen -- Foto: MICHAEL195 -- Lizenz: CC BY-SA 4.0
Unsere Reise quer durch Russland führt uns diesmal in den Bezirk Uporowski im westlichen Sibirien in der Oblast Tjumen. Der Bezirk hat etwa 20.000 Bewohner, das Zentrum ist das Dorf Uporowo mit etwa 6.000 Einwohnern. Im Dorf gibt es ein Denkmal zu Ehren der gefallenen Bewohner aus vergangenen Kriegen. In den beiden Tschetschenienkriegen sind vier Soldaten aus dem Bezirk gefallen und bei den Unruhen in Dagestan gab es einen Toten.
Anfang Juli 2024 wurden vier Tafeln mit den getöteten Soldaten im Krieg gegen die Ukraine dort aufgestellt. Der gesamte Bezirk hat danach bisher 26 Opfer zu beklagen, neun Namen waren uns bisher nicht bekannt.
Egwekinot in Tschukotka (2005) -- Foto: Шабанов -- Lizenz: CC BY-SA 3.0
Am 16. Juli 1946 traf ein Schiff in einer Bucht an der Südküste der Tschuktschen-Halbinsel ein, an Bord waren 1.500 Häftlinge. Das war das Gründungsdatum der Siedlung Egwekinot in Tschukotka. Man hatte eine bedeutende Lagerstätte für Zinn-, Wolfram- und Molybdänerze 200 km nördlich entdeckt und die Häftlinge mussten die Siedlung, eine Straße zu den Bergwerken und einen Hafen für den Abtransport der Erze bauen. Das war das System des Gulag unter unwürdigsten und unmenschlichen Bedingungen.
Das Bergwerk wurde in den neunziger Jahren geschlossen, die Bevölkerung von Egwekinot hat sich seither halbiert. An der Straße von Egwekinot zu den ehemaligen Bergwerken liegt etwa 80 km entfernt das kleine Dorf Amguema. Dort leben gerade mal 500 Menschen, einer davon war Alexander Rultiet, geboren am 16.11.1981.
Aktualisierung: Wie unzuverlässig die Informationen selbst von der Nachrichtenagentur von Tschukotka sind, zeigt sich am Beispiel von Alexander Rultiet. Inzwischen liegen weitere Informationen vor: Der Mann war bereits mehrfach vorbestraft wegen Diebstahl und Vergewaltigung. Im Mai 2014 wurde er zu 15 Jahren und sechs Monaten Lagerhaft verurteilt. Er hatte seine Geliebte in seine Wohnung eingeladen und mit ihr zusammen gebechert. Irgendwann verlor er die Kontrolle und er schlug die Frau in Bauch und Gesicht. Sie starb an den Verletzungen. (gesichertes Urteil). Er hatte sich deshalb für eine Sturm-Z Einheit eingeschrieben, um früher in Freiheit zu kommen.
Weiterlesen: Sturm Z - Rufzeichen Tschuktscha -- Aktualisierung 16.07.24
Kyzyl -- Foto: Valery Irgit -- Lizenz: CC BY 4.0
Kyzyl ist die Hauptstadt der russischen Teilrepublik Tuwa mit aktuell etwa 130.000 Einwohnern. Die Stadt liegt am Zusammenfluss des Grossen- und Kleinen Jenissei. Die Region ist ablegen, nur zwei Straßenverbindungen führen nach Tuwa. Die Bahnverbindung von Kyzyl nach Russland besteht nur aus einem Kilometer Strecke und wird vielleicht einmal gebaut.
Tuwa hat die höchsten Opferzahlen im Krieg gegen die Ukraine gemessen an der Bevölkerung. Wir haben schon häufig darüber berichtet. Am 15. Juni 24 hat eine Bewohnerin von Kyzyl einen Film über den Friedhof der Stadt veröffentlicht, der die Gräber der im Krieg gegen die Ukraine getöteten Kyzyl-Bewohner zeigt. Neun Namen waren uns noch nicht bekannt
Blauer See -- Foto: Vlad Tschernenko -- Lizenz: CC BY-SA 3.0
Viele Sehenswürdigkeiten hat der Bezirk Sergijewski in der Region Samara nicht aufzuweisen. Da gibt einen (niederen) Berg, der durch seinen Reichtum an Pflanzen berühmt ist und den blauen See. Das ist ein tiefes, steil abfallendes Loch in der dortigen Karstlandschaft mit einem hohen Anteil an Schwefelwasserstoff und schwefelhaltigen Mineralien. Taucher können bis 38 Meter in die Tiefe vordringen. Der Bezirk hat etwa 45 Tausend Einwohner.
Anatoli Jekamasow (Foto links) ist der Leiter des Bezirks, der aus der Stadt Surgut stammt, die im Autonomen Kreis der Chanten und Mansen liegt. Im Moment hat der Mann viel zu tun, denn alle paar Tage muss er ein weiteres Opfer des russischen Krieges gegen die Ukraine bestatten. Wir haben ein paar Beispiele nur aus dem Monat Juli 2024 zusammengefasst.
Gouverneur Limarenko bei einem "patriotischen" Konzert - "Alles für den Sieg" Anfang Juli 2024
Die Insel Sachalin liegt im äußersten Osten Russlands und wird von etwa 450 Tausend Menschen bewohnt. Auch hier schrumpft die Bevölkerung, 2010 waren es nach Wikipedia noch 500 Tausend Bewohner. Nach unserer Statistik sind inzwischen 639 Einwohner im Krieg gegen die Ukraine gefallen, bezogen auf die Bevölkerung ein außerordentlich hoher Wert.
Gouverneur der Insel ist Valery Limarenko, dessen Karriere vom Wissenschaftsmanager zu Ministerämtern der Regionalregierungen von Saratow und Nischni Nowgorod verlief und schließlich in Sachalin endete. Limarenko wurde in der ukrainischen Großstadt Charkiw geboren und ist dort aufgewachsen. In Sachalin vertritt er die Kriegspolitik Russlands konsequent mit und unterfüttert sie ideologisch, von ihm als "Wahrheit der Mutter" benannt. Wir geben seinen aktuellen Text zu einem Mediengipfel Anfang Juli 2024 übersetzt wieder:
Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis - das gilt nicht nur in der Ökonomie, sondern auch in den Niederungen des russischen Angriffskrieges. Jeden Monat muss das russische Militär etwa 30.000 Männer rekrutieren, um die Gefallenen, Verwundeten oder ausgebrannten Soldaten an der Front zu ersetzen. Dafür werden Antrittsprämien ausgelobt, die regional stark schwanken. In Baschkortostan zahlte man zuletzt 500.000 Rubel (5.000€), während man in St. Petersburg bereits 1,3 Millionen Rubel (13.000€) auf den Tisch legte. Da jede Region Russlands angehalten ist, ein bestimmtes Kontingent an Rekruten zu erfüllen, ergibt sich eine einfache Rechnung: Baschkortostan hat es einfacher neue Soldaten zu rekrutieren als St. Petersburg. Das erklärt dann auch die hohen Verluste, die die Baschkiren zur Zeit verzeichnen müssen.
Blick auf Serpuchow, Oblast Moskau -- Urheber: CC BY-SA 4.0 -- Lizenz:
Etwa 90 km südlich der Hauptstadt Moskau liegt die Stadt Serpuchow mit über 130 Tausend Einwohnern. Das Stadtgebiet gehört zur Oblast Moskau und grenzt an die beiden Oblaste Tula und Kaluga. Serpuchow hat eine Geschichte, die bis ins 14. Jahrhundert zurück reicht und war früher mal eine reiche Stadt. Doch einige Industriebetriebe haben die Stadt verlassen, die Autoproduktion wurde eingestellt. Viele Stadtbewohner arbeiten in Moskau und pendeln täglich hin und her.
Auch Männer aus Serpuchow sterben im Krieg gegen die Ukraine. Unsere sicher nicht vollständige Liste zum 20.März 2024 zeigt 33 gefallene Soldaten.
Update: Diesen Beitrag hatten wir am 29. März 24 veröffentlicht, aktuell haben wir einen Film von Mitte Mai 24 gefunden, der ebenfalls die Kriegstoten der Stadt dokumentiert. In diesem Film werden 69 Fälle aufgezählt, die Zahl hat sich also in den zwei Monaten mehr als verdoppelt. Wir stellen den Film an das Ende der von uns veröffentlichten Liste.
Versuchen wir die Geschichte von Anfang zu erzählen. Als 2014 der russische Angriffskrieg im Donbass gestartet wurde, entstand das sogenannte Somalia-Bataillon, zusammengesetzt aus vielen russischen Freiwilligen. Das Bataillon wurde so etwas wie die schnelle Eingreiftruppe im russisch besetzten Donbass. Sie wurde befehligt durch Michail Tolstych, Kampfname Giwi, der Anfang 2017 in einer Garnison seiner Einheit durch eine Schmel-Rakete getötet wurde. Inzwischen ist das Somalia-Bataillon eine reguläre russische Einheit.
In diesem Bataillon kämpfte auch Nikita Denissowitsch Weslopolow, geboren am 21. Juni 2005, aus der Stadt Krasnokamensk im Transbaikal-Territorium als Freiwilliger. Allerdings so ganz freiwillig auch wieder nicht.
Den aktuellen Rekrutierungsaufruf aus Tatarstan wollen wir noch nachreichen. Wir haben im Bericht zum Monat Juni darüber geschrieben. 1,5 Millionen Rubel entsprechen etwa 15.000 €, also knapp dem zweifachen Jahreseinkommens eines Durchschnittsverdieners. Der übersetzte Text lautet:
Treten Sie der Armee des Sieges bei! Auf einmal bei Vertragsabschluss vor dem 31. Juli 2024 in Tatarstan DO 1.500.000 RUB.
Rufzeichen „YAKTA“, WIR UNTERRICHTEN, HELFEN, UNTERSTÜTZEN, 8 (800) 222 59 00
Kreml von Kasan - Urheber:
Die russische Republik Tatarstan hat etwa 3,8 Millionen Einwohner, davon leben 1,14 Millionen in der Hauptstadt Kasan. Namensgeber der Republik sind die Tataren, die etwas über die Hälfte der Bevölkerung stellen. Die Tataren sind ein Turk-Volk muslimischen Glaubens. Die größte Minderheit in Tatarstan stellen die Russen mit etwa 40% Bevölkerungsanteil. Tatarstan gilt als eine der reichsten Republiken Russlands mit reichhaltigen Gas- und Erdölvorkommen und einer entwickelten Industrie.
Tatarstan hat im ersten Halbjahr 2024 die höchste Anzahl an Kriegstoten aller Regionen Russlands.
Republik Tatarstan: Teil I bis 100 -- Teil II bis 200 -- Teil III bis 300 -- Teil IV bis 500 -- Teil V bis 700 -- Teil VI bis 1.000 -- Teil VII bis 1500 -- Teil VIII bis 2.000 -- Teil IX ab 2001
Weiterlesen: Tatarstans Jugend verblutet in der Ukraine -- Teil VIII
Strand von Ochotskoje im Süden Sachalins -- Urheber: Vihljun
Die Oblast Sachalin umfasst die Insel Sachalin und einige Kurileninseln und wird von etwa einer halben Million Menschen bewohnt. Im äußersten Osten Russlands gelegen, ist die Oblast ob ihrer reichen Öl- und Erdgasvorkommen wirtschaftlich interessant. Hauptstadt ist Juschno-Sachalinsk mit ca. 180.000 Einwohnern.
Gouverneur der Oblast ist Valery Limarenko, dessen Karriere vom Wissenschaftsmanager zu Ministerämtern der Regionalregierungen von Saratow und Nischni Nowgorod verlief. Und der aus unerfindlichen Gründen zum Gouverneur von Sachalin ernannt wurde. Jetzt wirbelt er dort und unterhält einen aktiven Telegram-Kanal, mit dem er sich ins rechte Licht setzt. In Bezug auf Russlands Krieg gegen die Ukraine übernimmt er die politische Position des Kremls. Zum Kriegsanfang kämpfte man gegen den Nazismus, aktuell für die Interessen Russlands. Das ist etwas pikant, denn Limarenko ist im ukrainischen Charkiw geboren, aufgewachsen und hat dort auch studiert.
In seinem Telegram-Kanal meldet Limarenko auch die im Krieg gefallenen Soldaten aus Sachalin. Und wirbt dort für die Unterstützung des Ukrainekrieges. Damit können wir die erste regionale Liste gefallener Soldaten vorstellen, die sich fast ausschließlich auf die Mitteilungen des Gouverneurs der Region stützt. Die Todeszahlen sind gemessen an der Bevölkerung extrem hoch.
Sachalin: Teil I bis 201 -- Teil II bis 500 -- Teil III ab 501
Perm - Mikrobezirk Krasnowa -- Urheber: CC BY 3.0 - Eigenes Werk -
Perm, die Haptstadt der Region, ist von Moskau gut 1.300 km entfernt. Die östlichste Millionenstadt Europas war noch bis 1991 eine für Ausländer verbotene Stadt. Der Grund waren die Rüstungsbetriebe in der Stadt. Auch heute verfügt die Stadt über eine sehr starke industrielle Produktion - noch vor Ufa und Jekaterinburg. Und als Nebenprodukt soll Perm auch die höchste Kriminalitätsrate Russlands aufweisen.
Die Region Perm gehört zum Föderationskreis Wolga, es leben dort etwa 2,6 Millionen Menschen, davon knapp eine Million in der Hauptstadt Perm.
Perm: Teil I bis 100 -- Teil II bis 200 -- Teil III bis 400 -- Teil IV bis 600 -- Teil V bis 800 -- Teil VI bis 1.000 -- Teil VII bis 1500 -- Teil VIII bis 2.000 -- Teil IX ab 2.001
Weiterlesen: Perm - nicht aus der Schlacht zurück gekehrt - Teil VIII
Straßenansicht Nischni Nowgorod -- Urheber: - Lizenz: Free Art License 1.3
Die Oblast Nischni Nowgorod liegt im europäischen Teil Russlands an der Wolga, ihre Fläche ist beinahe so groß wie Österreich. Von Moskau aus erreicht man die gleichnamige Hauptstadt leicht mit der Transsibierischen Eisenbahn, die Fahrtzeit beträgt etwa vier Stunden. Nischni Nowgorod gehört zu den interessantesten russischen Städten.
Mit Beginn der Mobilisierung Ende September 2022 haben sich die Todeszalhlen russischer Soldaten im Krieg gegen die Ukraine in fast allen Verwaltungseinheiten an der Wolga beschleunigt - auch aus der Oblast Nischni Nowgorod.
Nischni Nowgorod: Teil I bis 100 -- Teil II bis 300 -- Teil III bis 500 -- Teil IV bis 700 -- Teil V bis 1.000 -- Teil VI ab 1.001
Weiterlesen: Nischni Nowgorod: Die Besten gehen in der Ukraine in den Tod -- Teil IV
Moskau - Kremlmauer -- Foto: CC BY-SA 4.0 -- Lizenz:
Moskau - Hauptstadt Russlands und Regierungssitz - erst nach 141 Tagen Krieg und 2.500 hier öffentlich gemachten Kriegstoten konnten wir den ersten, uns bekannt gewordenen toten Soldaten aus der Stadt Moskau vermelden. Obwohl in der Stadt Moskau etwa acht Prozent der russischen Bevölkerung lebt, schien der Ukrainekrieg an der Hauptstadt ohne Verluste vorbeizuziehen. Passend dazu liefert die Erstinformation nicht ein Pressemedium aus der Stadt, sondern eine regionale Plattform aus Kaliningrad.
Die größte Stadt Russlands hat mit Abstand die geringste Anzahl an getöteten Soldaten gemessen an der Einwohnerzahl zu verzeichnen. Die Herrscher des Kremls schützen ihre Angehörigen.
Moskau: Teil I bis 100 -- Teil II bis 300 -- Teil III bis 500 -- Teil IV ab 501
Weiterlesen: Stadt Moskau - kaum Verluste im Ukrainekrieg -- Teil IV
Mitten in unseren Arbeiten zum Abschluss des Monats September hat Corona heftig zugeschlagen. Die gesamte Epedemie blieb dieser Mitarbeiter von jenen Viren verschont - aber wahrscheinlich gilt auch hier das Motto: Irgendwann erwischen wir auch dich.
Es wird in den kommenden Tagen deshalb etwas ruhiger auf unserer Webseite zugehen.
Die Aktualisierung der Listen der Regionen schreitet trotzdem voran, wie man an den häufigen neuen regionalen Seiten erkennen kann.
Um die russische Sperre zu umgehen, haben wir eine zusätzliche Domain mit dem neuen Namen gibtsnet.eu eingerichtet. Dieser Zugriff kann auch ganz allgemein von jedermann benutzt werden, denn er verspricht unter Umständen schnellere Ladezeiten unserer Seiten - besonders bei Zugriffen aus dem Ausland. Zudem bleiben die Besucher anonym.
Im Moment führen wir vier Sonderrubriken - Kriegsbilder, "ohne viele Worte", Friedhöfe Region Krasnodar und Gruppe Wagner - ohne Region. Das hat ganz unterschiedliche Gründe:
Der Krieg Russlands gegen die Ukraine geht unvermindert weiter und die Opferzahlen gehen nicht zurück. Bis heute haben wir die Daten bis zum 18.09.24 verarbeitet, einen zuverlässigen Abschluss zum September werden wir erst in etwa 12-14 Tagen vorlegen können.
Eine einfache, aber vorläufige Zahl der russischen Kriegstoten bis Ende September, die wir dann in unserer Datenbank haben, wird noch etwa drei Tage dauern findet ihr aktuell im Kopf der Seite.
Der Telegram-Kanal des großen russischen Ehrenfriedhofs in Mytischtschi wurde gelöscht. Alle von uns veröffentlichten Links, die mit der Adresse "https://t.me/fvm_pzo_memory/" beginnen, sind nicht mehr zu erreichen.
Einen Teil der Inhalte findet man im neuen Kanal "https://t.me/fvm_pzo_mo/", aber eben an neuer Stelle, so dass wir die Adressen nicht einfach automatisch umwandeln können. Zudem wurde die Benutzung des neuen Kanals stark eingeschränkt.
Das ist einer der Gründe, warum wir für alle von uns erfassten Kriegstoten auch Kopien der Seiten als Beleg speichern.
Это попытка обойти российский запрет на «OskarMaria». По крайней мере для наших текущих страниц это тоже должно работать из России.
Мы использовали для этого новый домен, который, надеемся, не заблокируют так быстро. Название представляет собой сокращенную форму немецкого выражения «нет».
Итак, теперь вы также можете связаться с нами по адресу
https://www.gibtsnet.eu
За скорейший и прочный мир.
Für unsere russischen Besucher
Es ist ein Versuch, die russische Sperre für OskarMaria zu umgehen. Er müsste zumindest für unsere aktuellen Seiten auch aus Russland funktionieren.
Wir haben eine neue Domain dafür benutzt, die man hoffentlich nicht so schnell blocken kann. Der Name ist eine verkürzte Form des deutschen Ausdrucks "gibt es nicht".
Also - ab sofort kann man uns auch unter https://www.gibtsnet.eu erreichen.
Auf einen baldigen dauerhaften Frieden.
Leider scheint die russische Sperrverfügung für unsere Seite zumindest in Russland zu wirken. Bei der Suche nach OskarMaria mit der russischen Suchmaschine Yandex sind wir von der zweiten Stelle weit nach hinten gerutscht.
Wir haben leider nur wenig Zeit für technische Spielereien. So haben wir eine zweite Domain mit anderer IP-Adresse auf unsere Seite geschaltet, doch ganz zielführend ist das noch nicht.
Und dann haben wir auch noch ein Problem mit Google. Eine Gaststätte in München hat sich vor einigen Jahren ebenfalls den Namen OskarMaria in der selben Schreibweise zugelegt und gleich noch als Marke eintragen lassen. Allerdings waren wir mit dem Namen Jahre früher aktiv - also eigentlich kein Problem. Nur kamen danach regelmäßig Tischreservierungen bei uns an. Damit war irgendwann mal Schluss, nämlich als Google uns in den Suchanfragen nach hinten katapultiert hatte. Und so leben wir mit der Tatsache, dass wir mit unseren hohen Benutzerzahlen bei den Suchmaschinen Bing, DuckDuckGo auf den vorderen Plätzen zu finden sind, bei Google aber ganz hinten.
Wir haben unseren Beitrag über das kleine Dorf Kanaewka noch einmal nach vorne geschoben, da er durch unsere Auguststatistiken schnell nach hinten durchgerutscht ist.
Wir haben über einen Zeitraum von etwa sechs Wochen aufgezeigt, wie der russische Angriffskrieg sich auch in kleinen Gemeinden in der Provinz manifestiert.
Falls nichts dazwischen kommt, können wir die Zusammenfassung des Monats August am späten Abend des kommenden Mittwochs Donnerstags (12.09.24) vorlegen.
Es ist ein ständiges Rennen gegen die Zeit - wenn wir uns eine Wochenendpause gönnen, dann ist es auf Grund der vielen Kriegsopfer nur schwer möglich, wieder aktuell zu werden.
09.09.24 -- OM
Im Zeitraum ab dem 15. August sind die Berichte über getötete russische Soldaten zurückgegangen. Die Anzahl der gefallenen Soldaten, die wir bearbeiten, ist aber gleichbleibend sehr hoch. Das erklärt sich daraus, dass immer mehr Altfälle öffentlich werden.
Es gibt Verzeichnisse von Friedhöfen, bei denen die Toten aus dem Krieg gegen die Ukraine ausgewiesen werden, es gibt Filme, die die Kriegsgräber auf den Friedhöfen dokumentieren und es gibt Initiativen, die in den Regionen systematisch die Friedhöfe und Medien nach gefallenen Soldaten durchsuchen. So kommen eine Menge Altfälle auf unseren Tisch.
Soweit möglich, werden wir in unserem Abschluss des Monats August versuchen, die Anzahl zu quantifizieren.
Nachdem die Aufmerksamkeit zu unseren Veröffentlichungen wächst, eine kurze Information zu OskarMaria.
Unter diesem Pseudonym war der Initiator im Internet seit über 25 Jahren recht unregelmäßig präsent. Ab dem Jahr 2014 hat er hier über die Situation in den von Russland besetzten Gebieten des Donbass geschrieben. Als einer der ersten Journalisten überhaupt informierte er über die damals neu gegründete Gruppe Wagner.
Beruflich war er seit den 80-iger Jahren Geschäftsführer von diversen Medienunternehmen im Printbereich. Jetzt im Ruhestand, Kinder erwachsen, bleibt etwas mehr Zeit, die gesammelten Erfahrungen zusammen mit wenigen Mitstreitern für dieses Projekt zu nutzen.
Nachtrag: OskarMaria– das ist eine kleine Verbeugung vor dem beinahe vergessenen Schriftsteller Oskar Maria Graf. In Zeiten der Bücherverbrennungen wurden seine Werke von den Nazis verschont, ja sogar teilweise empfohlen. „Verbrennt mich!“ schrieb er 1933 in der Wiener Arbeiterzeitung, „nach meinem ganzen Leben und nach meinem ganzen Schreiben habe ich das Recht, zu verlangen, dass meine Bücher der reinen Flamme des Scheiterhaufens überantwortet werden und nicht in die blutigen Hände und die verdorbenen Hirne der braunen Mordbanden gelangen!“ Schließlich floh er in die USA – dort lebte er in bescheidenen Verhältnissen. Deutschland wollte den unbequemen Mann nach dem Krieg nicht wieder haben. Er starb 1967 in New York.
Literaturempfehlung: Wir sind Gefangene - Autobiograhie 1927.
Doppelt
Wladimir: 25. Artem Kozhenkov // Nischni Nowgorod: 35 Artem Kozhenkov
Wolgograd: 01 Juri Agarkov // Pskow: 41 Juri Agarkow
Kutelev Stanislav, dreifach, Kostroma, Rjasan und Orenburg. Nur Orenburg
Nikolai Symov, Rjasan & Tschuwaschien - nur Tschuwaschien
Mamontov Mikhail - Krasnodar Teil 1 & Teil 2
Ivan Alekseevich Chulkov, Kostroma, Pos. 51/56
Elimov Alexey Michailowitsch , Kostroma & Tschuwaschien
Falsch einsortiert
Ruslan Khamitov, Tscheljabinsk, kein Söldner der Gruppe Wagner
Kirill Jewgenjewitsch, 19 Jahre
Die abgelegene Provinzhauptstadt Birobidschan in der "Jüdisch Autonomen Oblast" im fernen Osten Russlands war die Heimat von Kirill Jewgenjewitsch Sidelnikow, geboren am 9. Oktober 2004. Dort wäre er besser geblieben und hätte die Blümchen auf dem Helm seiner Mutter oder einer jungen Frau gebracht. Seine lange Reise ins Kriegsgebiet endete am 16.09.24.
Da angeblich das Leben in der Region Samara so viel günstiger wäre als in den russischen Metropolen, gehörte die Prämienzahlung für Freiwillige zu den Niedrigsten in ganz Russland. Aber ganz offensichtlich ließen sich in Samara nicht mehr genügend Freiwillige finden, die für jene 1,2 Millionen Rubel (etwa 12.000 €) bereit waren, ihre Leben oder ihre Gesundheit zu gefährden.
So beschloss die Regierung am 11. Oktober 24, ab Mitte des Monats deutlich mehr zu bezahlen. Jetzt gibt es ganze zwei Millionen Rubel (ca. 20.000 €), wenn man in Samara einen Vertrag mit dem russischen Militär eingeht.
Eine ziemlich skurile Meldung wurde in zahlreichen lokalen VKontakte-Kanälen aus der Region Saratow abgesetzt. Lassen wir die Autorin zu Wort kommen:
Bogdan Sergejewitsch Jewsejew, geboren am 10.04.2003, starb den Heldentod bei einem militärischen Zusammenstoß im Gebiet Cherson, Siedlung Kosatschije Lageri.
Abgehärtet durch Sport, Goldmedaillengewinner im Sambo, wich Bogdan nie zurück, aber das feindliche Schrapnell unterbrach sein Leben am 02.09.2024...
Im Saratower Institut für Innere Truppen war Bogdan einer der besten Kadetten in seinem Kurs. Und als einer der Besten wurde er gleich im 3. Jahr in die Zone des Nordöstlichen Militärbezirks geschickt, um die Ehre und den Mut der ruhmreichen russischen Soldaten in der Praxis zu zeigen.
In der Region Belgorod wurde am 27. August 24 die erste Frau getötet, die aus der Haft für den russischen Krieg gegen die Ukraine rekrutiert worden war. Jelena Pimonenkowa war 37 Jahre alt und stammte aus der Stadt Pikaljowo in der Oblast Leningrad.
Jelena hatte ein bewegtes Leben hinter sich. Sie wurde im Alter von 23 Jahren zunächst wegen Messerangriffs auf einen Mann verurteilt, dann wegen Autodiebstahls, Raubüberfalls, Sachbeschädigung fremden Eigentums und Morddrohungen. Im Jahr 2024 saß Jelena wegen Diebstahls in einer Frauenkolonie in Uljanowka, ebenfalls in der Region Leningrad gelegen.
Auch dort wurde für den Kriegsdienst in der Ukraine geworben. 60 Frauen meldeten sich, zehn wurden ausgesucht darunter Jelena.
Ohne jegliche medizinische Ausbildung wurde sie so zur „Sanitäterin im Gefangennahmekommando eines Angriffszuges“. Drei Wochen lang wurde Jelena an Waffen geschult, danach ging es an die Front und sie musste Verwundete evakuieren und Leichenteile aufsammeln.
Wie genau Jelena getötet wurde ist unklar. Angeblich wäre sie von einem Auto angefahren worden. Am 25. September 24 wurde sie begraben.
Unsere kleine Geschichte spielt in der tatarsischen Großstadt Nabereschnyje Tschelny und handelt von Wladimir Golub, 44 Jahre. Der Mann arbeitete bei dem Lastwagenhersteller Kamaz als Schweißer.
In seiner Freizeit hatte er vielfältige Interessen, nahm Gesangsunterricht und nahm Tiktok- und Youtube-Videos auf. Mit seiner Ehefrau hatte er 11 Kinder, dazu hatte er seit dem Jahr 2000 noch eine geheim gehaltene Beziehung, aus der drei Kinder hervorgingen.
Und weil das noch nicht genug ist, konvertierte Wladimir zum Judentum, trug nur noch Kippa und nannte sich Abraham Israilewitsch Melech.
Als die Sache mit der zweiten Beziehung aufflog, zog Wladimir/Abraham zuhause aus, bei der zweiten Frau ein und ließ sich scheiden. Seine berufstätige Ex-Ehefrau bekam Probleme mit dem Jugendamt, weil eine alleinerziehende und arbeitende Mutter mit 11 Kindern sicher überfordert ist.
Seinen neuen Namen ließ er sich in den Pass eintragen und wahrscheinlich wollte Abraham auch im Krieg seine vielfältigen finanziellen Probleme lösen. Im Juli 2024 schloß er einer Vertrag zum Kriegsdienst, zwei Monate später war er tot. Am 2. Oktober wurde er in der tatarischen Stadt Jelabuga begraben.
Ildar Saidow hatte eine steile Kariere beim russischen Zoll hinter sich gebracht. Seit 1995 war er in leitender Funktion in verschiedenen Regionen Russlands tätig, bis er schließlich 2017 erst zum kommisarischen und dann zum regulären Leiter des Zolls von Astrachan, Wolgograd und Kalmückien im Rang eines Generalmajors aufstieg.
Doch fünf Jahre später stand er wegen Bestechlichkeit vor Gericht und wurde zu sieben Jahre Haft verurteilt.
Er wäre reingelegt worden, meint seine Frau und ein ehemaliger Mitarbeiter schrieb: "In solchen Strukturen gibt es oft zwei ungleiche Kategorien. Diejenigen, die inhaftiert wurden, und diejenigen, die nicht verurteilt werden. "
Auch Ildar zog die Option "Sie kommen aus dem Gefängnis frei" in einer Sturm-V Einheit, setzte damit alles auf eine Karte und verlor. Am 14 September erhielten seine Angehörigen die Nachricht seines Todes, er wurde in Tatarstan begraben.
Der uns als zuverlässig bekannte Telegramkanal "Wütendes Tschwaschien" berichtete im September aus der russischen Teilrepublik:
Obdachlose werden gezwungen, in den Krieg zu ziehen
Leser erzählen uns, dass in den Regionen Tschuwaschiens die Razzien gegen Obdachlose und Menschen in schwierigen finanziellen und sozialen Situationen zugenommen haben. Einer von ihnen war Viktor Wladimirowitsch Dutow aus dem Bezirk Wurnarski. Einheimische sagen, er habe keinen festen Wohnsitz und Probleme mit Alkohol gehabt.
Im Bezirk Zilairsky in Baschkortostan leben etwa 15.000 Menschen. Der Leiter des Bezirks, Boris Melkoedow, muss häufig sich mit den Folgen des russischen Angriffskrieges beschäftigen. Verletzten überreicht er Orden, für gefallene Soldaten hält er ausgefeilte Grabreden. Am 17. September 24 sprach er den Nachruf für Chaerzaman Atangulow, der an der Front getötet wurde. Daraus wollen wir zitieren:
Wir wissen nicht, wie viel Zeit wir haben. Alles liegt in unserer Hand, und es hängt von uns ab, wie wir leben werden. Chaerzaman Halilowitsch ist ein Mann, der sein Heimatland und uns verteidigt hat. Dank solcher Menschen leben wir unter einem friedlichen Himmel.
Natürlich ist jeder Krieg ein Weg zum Frieden. Und solche Menschen, ihre Taten sind notwendig, damit wir uns frei fühlen und den Frieden und die Ruhe spüren, die wir haben. Es ist schwierig, unsere Leute so zu treffen. Wir hoffen immer, dass sie lebendig und gesund zurückkommen. Das ist natürlich ein großer Kummer. Wenn wir nicht stark sind, wird es kein Land mehr geben. Er wird als ein kluger Mann in unserer Erinnerung bleiben. Lasst uns zusammenhalten und uns in schwierigen Zeiten gegenseitig unterstützen.
Eine Vielzahl von ethnischen Kasachen wurde bereits im Krieg gegen die Ukraine getötet, wir haben darüber berichtet. Diese Männer lebten meist in Russland, mit und ohne russische Staatsbürgerschaft. Durch einen Vertrag mit dem Militär zum Kriegsdienst konnte man viel verdienen und falls notwendig, auch die russische Staatsbürgerschaft erhalten. Kasachische Bürger, die am Krieg teilnehmen, werden in Kasachstan strafrechtlich verfolgt.
Der kasachische Journalist Lukpan Achmedjarow berichtete am 16. September von einem in der Stadt Oral in Kasachstan lebenden Mann, Aibek Ramasanow, geboren 17.07.1983, der bei einer Firma in Westkasachstan gearbeitet hatte. Im Jahr 2023 meldete sich Aibek freiwillig beim russischen Militär zum Kriegsdienst in der Ukraine und wurde dort getötet. Sein genaues Todesdatum wird genannt, aber Aibek bekam am 2. August noch die russische Staatsbürgerschaft.
Auf Instagram warnt der Journalist Achmedjarow zudem seine Leser: "Wichtiger Hinweis: Schützen Sie Ihre Psyche und Ihre nahen Verwandten vor übermäßigem Genuss russischen Fernsehens. Russische Propaganda tötet."
Nachdem bisher im Jahr 2024 die Region Burjatien in Bezug auf die Kriegsopfer nicht so auffällig war wie zuvor, dürften im Monat September wieder deutlich mehr Kriegsopfer dazu kommen. In einer Liste mit etwa 20 neuen, im Krieg gefallenen Burjaten finden wir auch Waleri Wladimirowitsch Rintschinow, geboren am 28. Mai 1980 und getötet am 4. September 24.
"Im Gedenken an alle, die Valery kannten, oder wie ihn alle nannten – Bazyr, blieb er freundlich, großzügig und immer bereit, den Bedürftigen zu helfen," heißt es in seinem Nachruf.
Wie so eine Hilfe aussehen kann, zeigte Valery im Jahr 2019. Bei einem verbalen Streit mit einem betrunkenen Dorfbewohner stach Valery jenem mit einem Messer in den Bauch. Glücklicherweise überlebte der Mann den Stich und Valery bekam zusammen mit einem älteren Delikt vier Jahre Haft aufgebrummt.
Das erklärt nicht ganz, warum Valery in einem Sturm-V Todeskommando gelandet ist, denn Ende 2023 wäre seine Haft beendet gewesen. Es ist wahrscheinlich, dass seither weitere Delikte zur Anklage standen.
Waleri Narsow dürfte der Bürgermeister der ländlichen Siedlung Tegeschewskoje in der Region Urmarskij in der Republik Tschuwaschien sein. Am 17. September informiert er seine Mitbürger:
Wir informieren Sie, dass die Beerdigung des verstorbenen Kriegers Eduard Fedorowitsch Kandakow aus dem Dorf Tegeschewo, der bei Militäreinsätzen ums Leben kam, am Mittwoch, 18. September 2024, stattfinden wird.
Die Leiche des verstorbenen Teilnehmers der Sondermilitäroperation, Eduard Fedorovich Kandakov, wird am 17. September 2024 um 13:00 Uhr mit dem Zug in die Stadt Kasan (Tatarstan) gebracht und dann mit einem Sonderwagen in das Dorf Tegeschewo gebracht...
Die Bewohner des Dorfes Tegeschewo (erwachsene und gesunde Männer) werden gebeten, sich am Morgen des 18. September auf dem Friedhof des Dorfes Tegeschewo zu versammeln und beim Ausheben eines Grabes zu helfen.