Baschkortostan & Tatarstan
Mit großem Abstand führen die beiden russischen Teilrepubliken Baschkortostan und Tatarstan unsere Liste der Kriegstoten an. Beide Verwaltungseinheiten gehören zu den bevölkerungsreichsten Republiken in Russland mit jeweils etwa vier Millionen Einwohnern. Und beide Regierungen haben aktiv für die Kriegsbeteilung ihrer Landleute geworben und eigene Bataillone aufgestellt.
Mit Unterstützung der staatlichen regionalen Verwaltungen wurden Initiativgruppen gegründet, die Tarnnetze weben, die Geld für Ausrüstung und Verpflegung an der Front sammeln, die ausgemusterte Fahrzeuge in Stand setzten und den Soldaten zur Verfügung stellen. Und natürlich werben die lokalen Bürgermeister und Landräte weiter intensiv um neue Freiwillige, obwohl viele davon in kurzer Zeit im Zinksarg nach Hause kommen.
Wir hatten über den baschkirischen Landrat Oleg Jefimow geschrieben, der im Oktober jede Woche mindestens einen Mitbürger begraben musste, trotzdem weiter für den meist tödlich endenden Freiwilligendienst wirbt und im November weitere vier Freiwillige an die Front schickte.
In der Zahl der von uns erfassten Kriegstoten liegt Tatarstan deutlich vor Baschkirien. Das liegt an einer tatarischen Initiative, die sehr pedantisch alle verfügbaren Informationen zusammengetragen und damit für diese Region ein beinahe vollständiges Bild der Opferzahlen ermöglicht hat.
Betrachtet man allerdings die monatlich gemeldeten Fälle aus Baschkortostan, so dürften die Opferzahlen dort noch deutlich darüber liegen. Ob eine im Oktober gegründete Initiative "Fremder Krieg - Baschkirien" auch solch ein umfassendes Bild realisieren kann, werden erst die folgenden Monate zeigen.
In Bezug auf den Krieg gegen die Ukraine sind die Medien in beiden Teilrepubliken gleichgeschaltet. Kritische Stimmen werden schnell kriminalisiert, deshalb ist es von Deutschland aus unmöglich, die Stimmungslage unter deren Bevölkerung zu beurteilen.
Beide Regionen loben nicht die höchsten Prämien als Antrittsgeld für den Kriegsdienst aus, so dass sie immer noch ihr Kontingent an Freiwilligen für die Armee stellen können (Tatarstan 2 Millionen Rubel, Baschkirien eine Million).
Kemerowo
Das Kohlerevier Kussbass - also die Region Kemerowo ist für uns sprichwörtlich ein schwarzes Loch. Die Informationen aus dieser Region fließen nur spärlich, es gibt keine regionale Initiativen, die Listen mit den in der Ukraine getöteten Soldaten führen
Jetzt kommen von dort Informationen von ganz anderer Stelle. Larisa Konyschewa, Leiterin der Stiftung "Verteidiger des Vaterlandes" berichtete auf einer Sitzung des Regionalparlaments von mehr als 3.000 Kriegstoten. „Wir begleiten mehr als 3.000 Familien der Toten und 1.416 bereits zurückgekehrte Veteranen“, sagte Konyschewa auf der Sitzung vom 5. Dezember 2024.
Das bedeutet, dass wir nur etwa 43% aller Kriegstoten aus dieser Region bisher erfasst haben - ein deprimierender Wert.
Allgemeine Situation im November
Die russische Armee hatte im November 2024 die höchsten Verlustzahlen seit Beginn des Krieges zu verzeichnen. Es gab so gut wie an allen Frontabschnitten russische Offensiven mit wenig spektakulären Geländegewinnen. Alles sieht danach aus, dass Russland mit Beginn der Präsidentschaft von Donald Trump im neuen Jahr möglichst viele vollendete Tatsachen schaffen und sich damit eine gute Verhandlungsposition bringen will. Das Leben ihrer Soldaten spielt dabei keine Rolle.
Der ukrainische Geheimdienst spricht von 45.720 Kriegsopfern im November - also getötete und verletzte Soldaten zusammen. Wir haben diese Zahl zumindest als plausibel eingestuft.
Auch der britische Geheimdienst schließt sich dieser Einschätzung an - auf Basis der ukrainischen Zahlen - und hat dazu zwei Grafiken veröffentlicht, die die Entwicklung der Verlustzahlen seit Beginn des Krieges dokumentieren. Wir haben beide Grafiken durch Google in Deutsch übersetzen lassen.