Baimak Baschkortostan

Stadt Baimak im Jahr 2010 -- Foto: SportInRoB -- Lizenz: CC BY-SA 3.0

In der Stadt Baimak gab es Anfang 2024 die einzige öffentliche Großdemonstration seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine. Die Menschen protestierten gegen die Verurteilung eines baschkirischen Umweltaktivisten. Zahlreiche Demonstranten wurden inzwischen verurteilt, der Bezirk ist verstummt und mehrfach wöchentlich werden getötete Soldaten aus dem Bezirk beigesetzt.

In unserem ersten Bericht haben wir die Kriegstoten des Dezember bis zum 16.12.24 dokumentiert, am 18. Dezember war das nächste Begräbnis und bis Anfang Januar 25  gab es mindestens fünf  sieben weitere Beisetzungen.

Wir dokumentieren die Originalbeiträge übersetzt zusammen mit den Fotos. Die Trauerfeiern finden meist vor dem Haus des Toten statt, die Fotos dokumentieren ganz gut die Lebenumstände der Angehörigen.

Alle Texte haben wir der besseren Lesbarkeit nicht kursiv gesetzt. Es ist zu erwarten, dass die Orginalbeiträge bald gelöscht werden.

Oimjakon

Das Dorf Oimjakon in Jakutien (Sacha) -- Foto: Ilya Varlamov  -- Lizenz: CC BY-SA 4.0

Wir haben den Januar 2025 und draußen ist es kalt. Für die Bewohner des Ulus Oimjakonski in Jakutien sind das gerade mal liebliche Temperaturen. Wir befinden uns am Kältepol Asiens und dort herrscht zur Zeit eine Tagesdurchschnittstemperatur von -46° Celsius. Obwohl der Nordpol 2.900 km entfernt liegt, wurden hier die niedrigsten Temperaturen aller bewohnten Gebiete der Erde gemessen.

Das Leben im Ulus ist hart, im Sommer kann es schon mal 30° warm werden, aber die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei -17,2°.

Jakutsk

Jakutsk im Jahr 2020 -- Foto: Якупова Инна  -- Lizenz: CC BY-SA 4.0

Militärkommissariat JakutskDie Stadt Jakutsk ist die Hauptstadt der russischen Teilrepublik Sacha - oder besser von Jakutien. Über 380.000 Menschen leben in der Stadt, die als die kälteste Großstadt der Welt gilt. Jetzt Ende Dezember herrschen dort Tagesdurchschnittstemperaturen von -36 Grad Celsius.

In der Vilyuyskiy Gasse in Jakutsk ist in einem zweistöckigen Gebäude das Militärkommissariat der Region untergebracht (Foto rechts). Gleichzeitig dient das Haus auch als Internierungslager für Soldaten aus der Region, die sich unerlaubt von der Truppe entfernt hatten, nach einem Fronturlaub einfach nicht wieder zur Truppe zurück gekehrt waren oder einen weiteren Kriegsdienst verweigert hatten.

In der Nacht vom 19. auf 20. Dezember brach ein Brand aus, dem die inhaftierten Soldaten in ihren Zellen nicht entkommen konnten. Fünf Männer starben, sieben weitere liegen mit einer Rauchvergiftung im Krankenhaus

Vier Namen der gestorbenen Gefangenen wurden inzwischen bekannt:

Igor Wladimirowitsch Jarylkin

Die Stadt Buinsk befindet sich etwa 140 km südlich von Kasan, der Hauptstadt Tatarstans. Und von dort sind es nur noch 20 km zum kleinen Dorf Tschuwaschisch Sarykamysch. Im Dorf lebten 2010 noch 127 Menschen und wie der Name des Dorfes schon sagt - alle tschuwaschischer Herkunft.

Am 20. Dezember 24 wurde im Dorf Igor Wladimirowitsch Jarylkin bestattet. Igor, geboren am 27. Juni 2004, hatte sich als Freiwilliger zum Krieg gegen die Ukraine verpflichtet und diese Entscheidung nicht überlebt.

Im Nachruf schreibt ein örtlicher Telegramkanal:

Ruslan Ramasanowitsch Chasanow

Wir hatten in unserem Bericht über den Bezirk Baimak alle im Krieg gegen die Ukraine getöteten Bewohner des Bezirks im Zeitraum vom 1. bis zum 16. Dezember 24 zuammengefasst. Zwei Tage später gab es schon die nächste Beisetzung:

Michail Michailowitsch PtschelowUnsere heute porträtierte Familie kommt aus Udmurtien - etwa 1200 km östlich von Moskau. Im Süden der russischen Teilrepublik nahe der Grenze zu Tatarstan gibt es die städtische Siedlung Kisner mit etwa 10.000 Bewohnern. Jetzt sind es nur noch wenige Kilometer bis zum Dorf Oberes Multan, in dem unsere Familie Ptschelow wohnte. Insgesamt wohnten im Dorf 2015 nur noch acht Personen, wovon vier unsere Familie stellte.

Michail Michailowitsch Ptschelow (Foto links) war der Familienvater, Ljudmila die Mutter, Wladislaw der Sohn und Wika die Tochter. Vater Michail, Jahrgang 1982, war in den Krieg gegen die Ukraine gezogen. Er hatte den Rang eines Oberfeldwebels der Armee und wurde am 28. Dezember 2023 irgendwo in der Ukraine getötet. Am 22. Januar 24 wurde er in der Hauptstadt Ischewsk mit militärischen Ehren verabschiedet.

Alexander Winschu PortraitIn der Mitte Sibiriens liegt die riesige Region Krasnojarsk mit der gleichnamigen Hauptstadt. Etwa 340 km nordöstlich von Krasnojarsk befindet sich der Bezirk Tassejewsky, Zentrum des Bezirks ist das Dorf Tassejewo. Bezirk und Dorf leiden unter einer schrumpfenden Bevölkerung, im Jahr 1989 hatte das Dorf noch über 10.000 Bewohner, im Jahr 2021 zählte man noch 6.664 Einwohner.

 Alexander Witaliewitsch Winschu wurde am 21. Dezember 2005 in Tassejewo geboren, ging dort zur Schule und absolvierte am Ort eine Fachschule - Anfang 2024 war seine Ausbildung abgeschlossen. Sascha (Alexander) hätte sich aktiv am patriotischen Leben der Fachschule beteiligt, schreibt die "Technische Fachschule Kansk" über Sascha.

Der Bezirk hat einen fürsorglichen Landrat, der sich um seine Schäfchen kümmert. Konstantin Diesendorf hat dem Namen nach deutsche Wurzeln und vertritt in der Region die Partei "Einiges Russland".  Diesendorf nahm den jungen Mann unter seine väterlichen Fittiche, empfahl ihm den Militärdienst, da es im Ort so gut wie keine Arbeit für junge Menschen gäbe.

Argun Gebaeude

Stadt Argun -- Foto: Alexxx1979 -- Lizenz: CC BY-SA 4.0

Etwa 16 km östlich der tschetschenischen Hauptstadt Grosny liegt im Kaukasusvorland die Stadt Argun. Sie wurde während der beiden Tschetschenien-Kriege fast völlig zerstört. Teile der Stadt wurden wieder aufgebaut, die Hochhäuser auf dem Foto bekamen eine prunkvolle Moschee, benannt nach der Mutter des Tschetschenenführers Kadyrow.

Der Bürgermeister von Argun hat Ende Oktober an die Angehörigen gefallener Soldaten Orden verteilt. Wir konnten drei Namen in unsere Datenbank aufnehmen. Den übersetzten Beitrag auf VKontakte und das dazu gehörige Video wollen wir nachstehend vorstellen:

Staromainsky Bezirk

Der Staromainsky Bezirk liegt im Nordosten der Region Uljanowsk und hat definitiv auch schon bessere Tage gesehen. Vor hundert Jahren lebten im Bezirk etwa 30.000 Menschen, seither hat sich die Einwohnerzahl halbiert.

Die russische Partei "Einiges Russland" hat auch in diesem Bezirk das Projekt der "Heldenschreibtische" verwirklicht und zwei solcher Schreibtische aufgestellt -  zu Ehren von drei Schulabsolventen, die im Krieg gegen die Ukraine getötet wurden - Wassili Surgutanow, Alexej Sawgorodnew und Nikolaj Bakanow. Die besten Schüler dürfen dann an diesen Schreibtischen sitzen.

Regelmäßige Leser unserer Beiträge kennen bereits diese Heldenschreibtische, das entsprechende Foto dazu fanden wir berichtenswert.

Kirill Permjakow

In Russland gibt es zwei Städte mit dem Namen Blagoweschtschensk. Ganz im fernen Osten hat die Hauptstadt der Region Amur diesen Namen und im europäischen Teil Russland heißt so eine Stadt in Baschkortostan mit um die 35.000 Einwohnern. Aus Blagoweschtschensk in Baschkortostan kam der junge Mann, der auf dem Foto oben am Computer sitzt.

Sein Name war Kirill Permjakow, er wurde 06. Juli 2006 in der Stadt geboren und war leider alles andere als ein lieber Junge. Bereits mit 12 Jahren wurde er auffällig, brach die Schule ab und wurde danach zuhause unterrichtet. Nachdem er in einem Lebensmittelladen die Kasse geplündert hatte, kam er in eine geschlossene Sonderschule, die er ganz offensichtlich mit Bravour meisterte. Mit 17 Jahren wurde Kirill aus der Schule entlassen, danach hatte er noch ziemlich genau ein Jahr zu leben, bis er im Alter von 18 Jahren und zwei Monaten als russischer Soldat an der Front "entsorgt" wurde.

Nikita MolotschowskiWir haben dieses Foto Ende Oktober für einen Tag ganz oben auf unserer Webseite veröffentlicht, es findet sich noch immer in unserer Rubrik Kriegsbilder. Bei dem jungen Soldaten handelt sich um Nikita Konstantinowitsch Molotschkowski, geboren im Jahr 2003, der aus der Stadt Ocha im Norden der Insel Sachalin kam. Jetzt wissen wir etwas mehr über den jungen Mann und sein Schicksal.

Nikita gehörte zu der Ethnie der Niwchen, sie sind die Ureinwohner der Region Amur und auch der Insel Sachalin. Nach der letzten Volkszählung leben nur noch knapp 4.000 Menschen, die sich dieser Herkunft verbunden fühlen. In der Stadt Ocha, wo Nikita geboren wurde, wohnen noch etwa 300 Niwchen und machen nur etwa ein Prozent der dortigen Bevölkerung aus.

Der junge Nikita Molotschkowski leistete Wehrdienst in der Region Chabarowsk und wollte unter keinen Umständen in den Krieg ziehen. Wehrpflichtige der Sachalin-Einheit wurden nach Angaben ihrer Angehörigen sehr lange – den gesamten Frühling und Sommer 2024 – und sehr hart „unter Druck gesetzt“ (siehe). Nur zwei hielten dem Druck stand – darunter Nikita Molotschkowski. Doch plötzlich präsentierten seine Vorgesetzten ihm einen Militärvertrag mit Unterschrift und zwangen ihn an die Front in der Ukraine.

Nischnie Juri

Dorf Nischni Juri -- Foto: Yan.gorev  -- Lizenz:CC BY-SA 4.0

Zur Orientierung - wir befinden uns im Ort Nischni Juri, Bezirk Malopurginsky in der russischen Teilrepublik Udmurtien. Im Dorf leben weniger als 800 Personen, die letzte Bürgerzählung stammt aus dem Jahr 2012. Auf dem Foto ist links das Verwaltungsgebäude des Dorfes zu sehen, das Gebäude rechts beherbergt ein Postamt. Die gesamte Gegend ist landwirtschaftlich geprägt.

Wir wollen die wenigen Fetzen des kurzen Lebens eines Wehrpflichtigen aus dem Dorf erzählen, die wir erfahren konnten.

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