31.12.2024 -- 91.569 // Zuwachs zum 30.11.2024: 6.641
Stadt Baimak im Jahr 2010 -- Foto: SportInRoB -- Lizenz: CC BY-SA 3.0
In der Stadt Baimak gab es Anfang 2024 die einzige öffentliche Großdemonstration seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine. Die Menschen protestierten gegen die Verurteilung eines baschkirischen Umweltaktivisten. Zahlreiche Demonstranten wurden inzwischen verurteilt, der Bezirk ist verstummt und mehrfach wöchentlich werden getötete Soldaten aus dem Bezirk beigesetzt.
In unserem ersten Bericht haben wir die Kriegstoten des Dezember bis zum 16.12.24 dokumentiert, am 18. Dezember war das nächste Begräbnis und bis Anfang Januar 25 gab es mindestens fünf sieben weitere Beisetzungen.
Wir dokumentieren die Originalbeiträge übersetzt zusammen mit den Fotos. Die Trauerfeiern finden meist vor dem Haus des Toten statt, die Fotos dokumentieren ganz gut die Lebenumstände der Angehörigen.
Alle Texte haben wir der besseren Lesbarkeit nicht kursiv gesetzt. Es ist zu erwarten, dass die Orginalbeiträge bald gelöscht werden.
Das Dorf Oimjakon in Jakutien (Sacha) -- Foto: Ilya Varlamov -- Lizenz: CC BY-SA 4.0
Wir haben den Januar 2025 und draußen ist es kalt. Für die Bewohner des Ulus Oimjakonski in Jakutien sind das gerade mal liebliche Temperaturen. Wir befinden uns am Kältepol Asiens und dort herrscht zur Zeit eine Tagesdurchschnittstemperatur von -46° Celsius. Obwohl der Nordpol 2.900 km entfernt liegt, wurden hier die niedrigsten Temperaturen aller bewohnten Gebiete der Erde gemessen.
Das Leben im Ulus ist hart, im Sommer kann es schon mal 30° warm werden, aber die Jahresdurchschnittstemperatur liegt bei -17,2°.
Jakutsk im Jahr 2020 -- Foto: Якупова Инна -- Lizenz: CC BY-SA 4.0
Die Stadt Jakutsk ist die Hauptstadt der russischen Teilrepublik Sacha - oder besser von Jakutien. Über 380.000 Menschen leben in der Stadt, die als die kälteste Großstadt der Welt gilt. Jetzt Ende Dezember herrschen dort Tagesdurchschnittstemperaturen von -36 Grad Celsius.
In der Vilyuyskiy Gasse in Jakutsk ist in einem zweistöckigen Gebäude das Militärkommissariat der Region untergebracht (Foto rechts). Gleichzeitig dient das Haus auch als Internierungslager für Soldaten aus der Region, die sich unerlaubt von der Truppe entfernt hatten, nach einem Fronturlaub einfach nicht wieder zur Truppe zurück gekehrt waren oder einen weiteren Kriegsdienst verweigert hatten.
In der Nacht vom 19. auf 20. Dezember brach ein Brand aus, dem die inhaftierten Soldaten in ihren Zellen nicht entkommen konnten. Fünf Männer starben, sieben weitere liegen mit einer Rauchvergiftung im Krankenhaus
Vier Namen der gestorbenen Gefangenen wurden inzwischen bekannt:
Weiterlesen: Fünf Wehrdienstverweigerer starben im Internierungslager Jakutsk
Die Stadt Buinsk befindet sich etwa 140 km südlich von Kasan, der Hauptstadt Tatarstans. Und von dort sind es nur noch 20 km zum kleinen Dorf Tschuwaschisch Sarykamysch. Im Dorf lebten 2010 noch 127 Menschen und wie der Name des Dorfes schon sagt - alle tschuwaschischer Herkunft.
Am 20. Dezember 24 wurde im Dorf Igor Wladimirowitsch Jarylkin bestattet. Igor, geboren am 27. Juni 2004, hatte sich als Freiwilliger zum Krieg gegen die Ukraine verpflichtet und diese Entscheidung nicht überlebt.
Im Nachruf schreibt ein örtlicher Telegramkanal:
Wir hatten in unserem Bericht über den Bezirk Baimak alle im Krieg gegen die Ukraine getöteten Bewohner des Bezirks im Zeitraum vom 1. bis zum 16. Dezember 24 zuammengefasst. Zwei Tage später gab es schon die nächste Beisetzung:
Unsere heute porträtierte Familie kommt aus Udmurtien - etwa 1200 km östlich von Moskau. Im Süden der russischen Teilrepublik nahe der Grenze zu Tatarstan gibt es die städtische Siedlung Kisner mit etwa 10.000 Bewohnern. Jetzt sind es nur noch wenige Kilometer bis zum Dorf Oberes Multan, in dem unsere Familie Ptschelow wohnte. Insgesamt wohnten im Dorf 2015 nur noch acht Personen, wovon vier unsere Familie stellte.
Michail Michailowitsch Ptschelow (Foto links) war der Familienvater, Ljudmila die Mutter, Wladislaw der Sohn und Wika die Tochter. Vater Michail, Jahrgang 1982, war in den Krieg gegen die Ukraine gezogen. Er hatte den Rang eines Oberfeldwebels der Armee und wurde am 28. Dezember 2023 irgendwo in der Ukraine getötet. Am 22. Januar 24 wurde er in der Hauptstadt Ischewsk mit militärischen Ehren verabschiedet.
In der Mitte Sibiriens liegt die riesige Region Krasnojarsk mit der gleichnamigen Hauptstadt. Etwa 340 km nordöstlich von Krasnojarsk befindet sich der Bezirk Tassejewsky, Zentrum des Bezirks ist das Dorf Tassejewo. Bezirk und Dorf leiden unter einer schrumpfenden Bevölkerung, im Jahr 1989 hatte das Dorf noch über 10.000 Bewohner, im Jahr 2021 zählte man noch 6.664 Einwohner.
Alexander Witaliewitsch Winschu wurde am 21. Dezember 2005 in Tassejewo geboren, ging dort zur Schule und absolvierte am Ort eine Fachschule - Anfang 2024 war seine Ausbildung abgeschlossen. Sascha (Alexander) hätte sich aktiv am patriotischen Leben der Fachschule beteiligt, schreibt die "Technische Fachschule Kansk" über Sascha.
Der Bezirk hat einen fürsorglichen Landrat, der sich um seine Schäfchen kümmert. Konstantin Diesendorf hat dem Namen nach deutsche Wurzeln und vertritt in der Region die Partei "Einiges Russland". Diesendorf nahm den jungen Mann unter seine väterlichen Fittiche, empfahl ihm den Militärdienst, da es im Ort so gut wie keine Arbeit für junge Menschen gäbe.
Stadt Argun -- Foto: Alexxx1979 -- Lizenz: CC BY-SA 4.0
Etwa 16 km östlich der tschetschenischen Hauptstadt Grosny liegt im Kaukasusvorland die Stadt Argun. Sie wurde während der beiden Tschetschenien-Kriege fast völlig zerstört. Teile der Stadt wurden wieder aufgebaut, die Hochhäuser auf dem Foto bekamen eine prunkvolle Moschee, benannt nach der Mutter des Tschetschenenführers Kadyrow.
Der Bürgermeister von Argun hat Ende Oktober an die Angehörigen gefallener Soldaten Orden verteilt. Wir konnten drei Namen in unsere Datenbank aufnehmen. Den übersetzten Beitrag auf VKontakte und das dazu gehörige Video wollen wir nachstehend vorstellen:
Der Staromainsky Bezirk liegt im Nordosten der Region Uljanowsk und hat definitiv auch schon bessere Tage gesehen. Vor hundert Jahren lebten im Bezirk etwa 30.000 Menschen, seither hat sich die Einwohnerzahl halbiert.
Die russische Partei "Einiges Russland" hat auch in diesem Bezirk das Projekt der "Heldenschreibtische" verwirklicht und zwei solcher Schreibtische aufgestellt - zu Ehren von drei Schulabsolventen, die im Krieg gegen die Ukraine getötet wurden - Wassili Surgutanow, Alexej Sawgorodnew und Nikolaj Bakanow. Die besten Schüler dürfen dann an diesen Schreibtischen sitzen.
Regelmäßige Leser unserer Beiträge kennen bereits diese Heldenschreibtische, das entsprechende Foto dazu fanden wir berichtenswert.
In Russland gibt es zwei Städte mit dem Namen Blagoweschtschensk. Ganz im fernen Osten hat die Hauptstadt der Region Amur diesen Namen und im europäischen Teil Russland heißt so eine Stadt in Baschkortostan mit um die 35.000 Einwohnern. Aus Blagoweschtschensk in Baschkortostan kam der junge Mann, der auf dem Foto oben am Computer sitzt.
Sein Name war Kirill Permjakow, er wurde 06. Juli 2006 in der Stadt geboren und war leider alles andere als ein lieber Junge. Bereits mit 12 Jahren wurde er auffällig, brach die Schule ab und wurde danach zuhause unterrichtet. Nachdem er in einem Lebensmittelladen die Kasse geplündert hatte, kam er in eine geschlossene Sonderschule, die er ganz offensichtlich mit Bravour meisterte. Mit 17 Jahren wurde Kirill aus der Schule entlassen, danach hatte er noch ziemlich genau ein Jahr zu leben, bis er im Alter von 18 Jahren und zwei Monaten als russischer Soldat an der Front "entsorgt" wurde.
Wir haben dieses Foto Ende Oktober für einen Tag ganz oben auf unserer Webseite veröffentlicht, es findet sich noch immer in unserer Rubrik Kriegsbilder. Bei dem jungen Soldaten handelt sich um Nikita Konstantinowitsch Molotschkowski, geboren im Jahr 2003, der aus der Stadt Ocha im Norden der Insel Sachalin kam. Jetzt wissen wir etwas mehr über den jungen Mann und sein Schicksal.
Nikita gehörte zu der Ethnie der Niwchen, sie sind die Ureinwohner der Region Amur und auch der Insel Sachalin. Nach der letzten Volkszählung leben nur noch knapp 4.000 Menschen, die sich dieser Herkunft verbunden fühlen. In der Stadt Ocha, wo Nikita geboren wurde, wohnen noch etwa 300 Niwchen und machen nur etwa ein Prozent der dortigen Bevölkerung aus.
Der junge Nikita Molotschkowski leistete Wehrdienst in der Region Chabarowsk und wollte unter keinen Umständen in den Krieg ziehen. Wehrpflichtige der Sachalin-Einheit wurden nach Angaben ihrer Angehörigen sehr lange – den gesamten Frühling und Sommer 2024 – und sehr hart „unter Druck gesetzt“ (siehe). Nur zwei hielten dem Druck stand – darunter Nikita Molotschkowski. Doch plötzlich präsentierten seine Vorgesetzten ihm einen Militärvertrag mit Unterschrift und zwangen ihn an die Front in der Ukraine.
Weiterlesen: Ein gefälschter Militärvertrag brachte Nikita den Tod
Dorf Nischni Juri -- Foto: Yan.gorev -- Lizenz:CC BY-SA 4.0
Zur Orientierung - wir befinden uns im Ort Nischni Juri, Bezirk Malopurginsky in der russischen Teilrepublik Udmurtien. Im Dorf leben weniger als 800 Personen, die letzte Bürgerzählung stammt aus dem Jahr 2012. Auf dem Foto ist links das Verwaltungsgebäude des Dorfes zu sehen, das Gebäude rechts beherbergt ein Postamt. Die gesamte Gegend ist landwirtschaftlich geprägt.
Wir wollen die wenigen Fetzen des kurzen Lebens eines Wehrpflichtigen aus dem Dorf erzählen, die wir erfahren konnten.
Nachdem die Aufmerksamkeit zu unseren Veröffentlichungen wächst, eine kurze Information zu OskarMaria.
Unter diesem Pseudonym war der Initiator im Internet seit über 25 Jahren recht unregelmäßig präsent. Ab dem Jahr 2014 hat er hier über die Situation in den von Russland besetzten Gebieten des Donbass geschrieben. Als einer der ersten Journalisten überhaupt informierte er über die damals neu gegründete Gruppe Wagner.
Beruflich war er seit den 80-iger Jahren Geschäftsführer von diversen Medienunternehmen im Printbereich. Jetzt im Ruhestand, Kinder erwachsen, bleibt etwas mehr Zeit, die gesammelten Erfahrungen zusammen mit wenigen Mitstreitern für dieses Projekt zu nutzen.
Nachtrag: OskarMaria– das ist eine kleine Verbeugung vor dem beinahe vergessenen Schriftsteller Oskar Maria Graf. In Zeiten der Bücherverbrennungen wurden seine Werke von den Nazis verschont, ja sogar teilweise empfohlen. „Verbrennt mich!“ schrieb er 1933 in der Wiener Arbeiterzeitung, „nach meinem ganzen Leben und nach meinem ganzen Schreiben habe ich das Recht, zu verlangen, dass meine Bücher der reinen Flamme des Scheiterhaufens überantwortet werden und nicht in die blutigen Hände und die verdorbenen Hirne der braunen Mordbanden gelangen!“ Schließlich floh er in die USA – dort lebte er in bescheidenen Verhältnissen. Deutschland wollte den unbequemen Mann nach dem Krieg nicht wieder haben. Er starb 1967 in New York.
Literaturempfehlung: Wir sind Gefangene - Autobiograhie 1927.
Tatjana Aleksejewna Borodatschewa, geboren 1976, war Enkelin eines pensionierten Oberst aus Transbaikalien und hatte sich als ausgebildete Sanitäterin beim Militär verpflichtet. Sie war in Syrien und in Berg-Karabach stationiert und wurde danach in den Donbass versetzt. Am 31. Juli 24 saß sie in einem Militärhubschrauber, der Verwundete aus dem Kriegsgebiet ausfliegen sollte. Durch einen Raketenangriff der Ukraine wurde sie und 13 weitere Militärangehörige getötet.
Mit ihrem Tod werden neue Legenden geschaffen. Bei einer Feier in ihrer Heimatstadt Tschita schreiben die Organisatoren: "Obwohl der Ambulanzhubschrauber die Markierung des Roten Kreuzes trug, wurde er am 31. Juli 2024 von ukrainischen Bandera-Faschisten mit einer amerikanischen Rakete abgeschossen."
Wir haben deshalb noch einmal die russischen Berichte zum Abschuss des Hubschraubers aufgerufen. Danach war es ein ganz normaler Transporthubschrauber des Militärs (Link).
Der Mann, der auf dem kurzen Video so routiniert die Pizzas aus dem Ofen holt, heißt Gianni Cenni, geboren am 19. August 1973 aus der Gegend von Neapel. Seinen Dokumenten nach ist er verheiratet und hat zwei Kinder. Zuletzt arbeitete er als Chefpizzabäcker in einem italienischen Restaurant in der russischen Stadt Samara, das einem italienischen Honorarkonsul gehört.
Vor einem Jahr hätte Gianni gekündigt und wäre in die Gegend von Wolgograd gezogen, berichtete sein früherer Chef. Ob aus Überzeugung oder aus Geldmangel heraus - am 13. November 24 verdingte sich Gianni bei der russischen Armee.
Diese Entscheidung wurde diesmal nicht mit dem Tod bestraft - Anfang 2025 wurde Gianni von einer ukrainischen Spezialeinheit hinter den russischen Linien gefangen genommen.
Der Mann auf dem Foto ist Wassili Anatoljewitsch Weretschuk, geboren am 05.05.1983. Er kam aus dem Dorf Aksentsewo mit etwa 130 Einwohnern in der Region Wladimir. Nach der Schule arbeitete er zusammen mit seinen Eltern auf der bolschewistischen Kolchose. Nach zwei Jahren Wehrdienst kam er auf die Kolchose zurück. Er heiratete, bekam einen Sohn und arbeitete schließlich in einer Schuhfabrik in der Hauptstadt Wladimir. Zuletzt war er arbeitslos.
Am 5. September 2024 unterschrieb er beim Militär und zog in den Krieg - begraben am 24.12.2024 in seinem Heimatdorf.
Wer wissen will, warum sich noch immer viele russische Männer zum Kriegsdienst melden, obwohl für viele dieser den sicheren Tod bedeutet, bekommt aus solchen Lebenläufen heraus eine Antwort - zusammen mit dem vielen Geld, das die Freiwilligen erhalten.
Ganz geradlinig verlief die Karriere von Alexej Bugajew nicht. Aber immerhin kam der Innenverteidiger auf sieben Einsätze in der russschen Nationalmannschaft. Mit 29 Jahren schied er als Spieler des FK Krasnodar im Jahr 2010 aus dem Profisport aus.
Danach ging es mit ihm bergab, er begann zu trinken und häufte Schulden an. Um wieder auf die Beine zu kommen, startete er eine neue Karriere als Drogenkurier.
Am 1. November 2023 wurde Alexej mit einem Pfund eines Mephedron-Derivates (Badesalzdroge) in Sotschi festgenommen. Im September 2024 wurde Alexej deshalb zu 9,5 Jahren Hochsicherheitskolonie verurteilt. Auch Alexej zog es vor in den Krieg zu ziehen, statt seine Strafe abzusitzen.
Heute, am 29.12.24, meldete die russische Nachrichtenagentur RIA Nowostni seien Tod. Seine Überbleibsel liegen aktuell irgendwo in der heißen Zone der Front und können nicht geborgen werden.
Es ist eigentlich eine andere Form des russischen Roulette-Spiels, der Freiwilligendienst in der russischen Armee. Und weil das inzwischen auch der dümmste Russe begriffen hat, fällt es dem Staat immer schwerer, die im Krieg gegen die Ukraine verschlissenen und getöteten Soldaten zu ersetzen.
Zum Jahresende hat die Region Samara die Zahlungen erhöht, wenn man einen Vertrag mit dem russischen Militär abschließt. Wer zwischen dem 1.01.2025 und dem 31.01.25 sich zu jenem Kommando entschließt, erhält jetzt vier Millionen Rubel (€ 38.000) bar auf die Hand, dazu gibt es zum sehr hohen Sold zusätzlich neun Monate lang 50.000 Rubel (€ 480) extra. Wer solch einen Menschen akquiriert, bekommt zudem eine Prämie von 100.000 Rubel (€ 960).
Und wie wir bereits berichtet haben, erlässt Präsident Wladimir Putin eventuelle Schulden bis zum Betrag von zehn Millionen Rubel (€ 96.000). (Quelle)
OM, 26.12.24
Wir hatten über den baschkirischen Bezirk Baimak berichtet und alle Ereignisse im Zeitraum vom 1. bis 16. Dezember 2024 zusammengetragen, die mit dem Krieg in der Ukraine in Verbindung stehen. Beinahe alle von uns veröffentlichten Links auf die dortigen Geschehnisse wurden sehr kurze Zeit danach gelöscht.
Über den Letzten von uns vorgestellten Kriegstoten Denis Fanisowitsch Mutallapow, geb. 31.07.1999, gibt es eine weitere Information.
Denis war kein gewöhnlicher Freiwilliger, sondern saß in der Region Lipezk in Untersuchungshaft. Er war also noch nicht verurteilt. Der russische Staat gibt auch Untersuchungsgefangenen die Möglichkeit, einem Gerichtsurteil zu entgehen, wenn dieser sich "freiwillig" einer Sturm-V-Einheit anschließt und an die Front zieht.
Denis meldete sich folglich am 14.06.24 zum Kriegsdienst und war am 7.7.24 tot.
Die Großstadt Uljanowsk liegt 700 km östlich von Moskau an der Wolga mit etwa 600.000 Einwohnern. Am dortigen Flughafen warten Lieferwagenfahrer, um die Särge getöteter Soldaten in die Heimatorte zu bringen. Einer der Fahrer, der am Abtransport der Särge vom Flughafen beteiligt war, nahm ein Video auf und sagte, dass es noch nie zuvor so viele Tote gegeben habe:
„Heute scheint es die größte Gruppe zu sein, denn egal wie oft ich hingefahren bin, es waren weniger Autos da, aber dieses Mal ist es einfach... ein Albtraum. Zwei Flugzeuge, 180 Leute … So eine große Menge, das hat es noch nie gegeben. Sie haben begonnen, zwei Flugzeuge gleichzeitig zu schicken.“
Video aus einem Telegramkanal vom 25.12.24:
Die Geschichte von Alexander Beljuschin im Schnelldurchgang erzählt:
Alexander hat mit seiner ehemaligen Frau Ljubow fünf Kinder, beide leben noch im selben Haus. Aber die Frau will wegziehen, es kommt zum Streit und Alexander ermordet Ljubow. Er versteckt die Leiche im Schnee und meldet bei der Polizei, dass seine Frau verschwunden wäre.
Die Leiche wird später entdeckt, Alexander als Täter entlarvt und vom Gericht am 15.02.24 zu 9,5 Jahren Lagerhaft verurteilt.
Im August 24 unterschrieb Alexander einen Militärvertrag und kam an die Front, am 16.10. wurde er getötet und am 11. Dezember 24 mit militärischen Ehren in der Siedlung Werchnjaja Sinjatschicha beigesetzt.
Das ganze mit etwas mehr Herz-Schmerz kann man in russischer Sprache hier nachlesen.
Der Telegramkanal "Tscheljabisnk der Zukunft" am 12.12.2024:
Ein 19-jähriger Wehrpflichtiger aus Troitsk wurde mit einem Trick in den Krieg geschickt, wo er starb
Der Bruder des Wehrpflichtigen Daniil Galiulin aus Troitsk hat einen wütenden Appell verfasst. Jemand hatte im Namen seines Bruders einen Vertrag mit der Militäreinheit Nr. 31612 unterzeichnet, der den jungen Mann in den Krieg schickte.
Die Verwandten des toten Wehrpflichtigen sind sich sicher, dass Daniil nichts unterschrieben hat, da er den Vertrag in Gesprächen nie erwähnt hat und auch nicht an die Front wollte.
Der Bruder des Verstorbenen fordert eine Bestrafung der Kommandeure der Einheit, da diese für die Fälschung verantwortlich sind. Der Verwandte des Verstorbenen ist auch empört darüber, dass sehr junge Männer ohne Ausbildung und Kenntnisse an die Front geschickt werden.
„Wie können Wehrpflichtige, Jungen, die 18-19 Jahre alt sind, in den Krieg geschickt werden?! [...] Sie wurden hereingebracht, eine Woche lang durch die Schützengräben gejagt, sie liefen durch die Labyrinthe, und dann gab man ihnen Sturmgewehre, zwei Granaten, und sie sollten kämpfen“, empört sich der Bruder des Verstorbenen.
Um als Sanitäter/in Teil der russischen Kriegsmaschinerie zu werden, bedarf es nicht viel. Und wie wir aus anderen, ähnlich gelagerten Fällen erfahren haben, ist dafür nicht einmal eine medizinische Vorbildung notwendig. Welche Qualifikation also Veronika Dmitrijewna Nikogosowa hatte, konnten wir nicht in Erfahrung bringen.
Veronika, geboren am 18. Dezember 1985, kam aus der Stadt Budjonnowsk in der Region Stawropol, über die wir hier auch schon berichtet haben. Sie hatte zwei kleine Söhne und wäre in der Schule eine Rebellin gewesen, schrieb eine ehemalige Klassenkameradin. Im Jahr 2022 wurde Veronika allerdings betrunken beim Autofahren in ihrer Heimatstadt erwischt und musste für eineinhalb Jahre ihren Führerschein abgeben. Das hinderte sie allerdings nicht, im Sommer 22 erneut betrunken Auto zu fahren, was ihr 400 Stunden Zwangsarbeit, Führerscheinentzug und die Einziehung ihres Ladas einbrachten (Urteil).
Zuletzt hatte Veronika dann in Moskau gelebt und sich freiwillig zum Krieg gegen die Ukraine gemeldet (Foto). Als Kämpferin und Sanitäterin war sie an vorderster Front und wurde am 22. Oktober 24 in der Ukraine getötet. Ohne großes Aufheben wurde sie in Budjonnowsk begraben.
Im Süden der Region Perm liegt das große Dorf Barda mit etwa 10.000 Einwohnern. Es ist das Verwaltungszentrum des Bezirks Bardymsky, in dem etwa 26.000 Menschen leben. Das Dorf beherbergt verschiedene Unternehmen, Schulen aller Kategorien und auch eine Sonderschule für Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung. Warum in aller Welt diese Schule sich als Justizvollzugsinternat bezeichnet, erschließt sich dem Autor nicht.
In diesem Internat ging Dinail Tachirowitsch Rangulow, geboren am 20. Juni 1990 zur Schule. Danach absovierte er eine Ausbildung zum Maler und viel mehr wird nicht über den jungen Mann berichtet.
Aber 27. August 2024 schloss der geistig behinderte Dinail einen Vertrag mit dem russischen Militär ab und wurde ins Kriegsgebiet geschickt. Nach Ansicht des Militärs taugte er als Kanonenfutter allemal. Und so kam es, dass Dinail am 4. November 24 irgendwo in der Ukraine getötet wurde. "Er hat Mut im Kampf bewiesen," lautet der Nachruf. "Und die Erinnerung an den Soldaten wird in unseren Herzen bleiben."
Es ist leider bereits der vierte Fall von jungen russischen Soldaten, die die ukrainische Gefangenschaft nicht überlebt haben. Wir haben versucht, die ersten drei Fälle etwas aufzuklären und sind an einer Mauer des Schweigens des ukrainischen Verteidigungsministeriums und auch des deutschen Außenministeriums abgeprallt. Die kritische Initiative "Asche" hat den Fall von Jewgeni Solodowtschenko, 37 Jahre aus der Region Belgorod, am 5.12.24 dokumentiert:
Jewgeni Solodowtschenko, ein Belgoroder Soldat aus der Siedlung Jakowlewo, ist in ukrainischer Gefangenschaft gestorben. Nach Angaben wurde die Leiche des 37-jährigen Solodowtschenko im Rahmen eines Leichentauschs (200 mal 200) an seine Angehörigen übergeben. Der Mann wurde am 30. Oktober in der „Allee der Helden“ in der Stadt Stroitel beigesetzt.
Nach vorläufigen Angaben wurde die Leiche des Mannes mit einem „gebrochenen Brustkorb“ zurückgebracht. Die Ursache für seinen Tod ist unbekannt.
Jewgeni Solodowtschenko war Anfang August gefangen genommen worden. „Asche“ veröffentlichte ein Video mit dem Mann, in dem er sagt, er sei im Unterstand eingeschlafen und habe nicht bemerkt, wie das ukrainische Militär in den Unterstand eingedrungen sei.
Zum Zeitpunkt der Aufnahme des Videos hatte Jewgenij keine visuell bestätigten schweren Wunden, die die Ursache für seinen Tod in der Gefangenschaft sein könnten.
Tatjana Tschirkowa schrieb am 3.12.24 auf VKontakte:
Wer kannte vielleicht Valery Jurjewitsch Bogomolow, 64 Jahre alt? Wer kann sagen, wie er am 20. November starb. Ich kenne sein Rufzeichen nicht.
Er reiste am 2. November ab und meldete sich am 15. November aus Selidowo. In der Meldung an das Einberufungsamt steht „gestorben an den Folgen einer atherosklerotischen Herzerkrankung im Rahmen der SVO“ in Awdejewka.
Es gibt auch ein gummiertes ärztliches Attest von ihm, Bezirk Michailowka. Er hat sich nie über sein Herz beklagt, jede medizinische Untersuchung zur Arbeit bei der Eisenbahn bestanden - war in Ordnung, durfte arbeiten. Das Rekrutierungsbüro sagte, dass der Erhalt einer Teilnehmerbescheinigung an der speziellen Militäroperation an die Familie fraglich sei.
Nun, und die Zahlungen sind unterschiedlich. Aber ich interessiere mich für die Frage, unter welchen Umständen der Tod passiert ist. Ich werde für jede Information dankbar sein!
Die richtige Frage wäre doch, warum hat die Familie von Valery nicht unterbunden, dass ein 64-jähriger Mann in den Krieg zieht? Es ging wohl nur um das viele Geld.